Bei dem kürzlich abgehaltenen Symposium Rad-Fahren „Mehr Radverkehr – aber sicher“ wurde auf die erhöhte Unfallgefahr zwischen Radfahrer und Lkw hingewiesen. Obwohl diese Konstellation lediglich vier Prozent der Unfälle ausmacht, ist es diejenige mit den gravierendsten Folgen. Die Überlebenschancen des Radlers sinken drastisch, sobald der LKW den Radfahrer an einer Kreuzung übersieht. Schweden führte als erstes Land in Europa das Ziel Vision Zero für die Verkehrspolitik ein. Das Ziel ist die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu reduzieren. Als Konsequenz wurde die bauliche Trennung von Fahrbahn und Radweg als unerlässlich für eine Verminderung der Gefahren bestimmt.

In den meisten europäischen Ländern wird dies aus Kostengründen nicht konsequent umgesetzt. Nichtsdestoweniger halten einige europäische Städte wie u.a. Kopenhagen und Malmö an diesem Anspruch fest. Dies wirkt sich ganz signifikant in gesunkenen Unfallzahlen bei Radfahrern aus. Laut Statista (Bericht 2015) hält der Trend der vergangenen Jahre in Deutschland an. Die Verkehrssicherheit nimmt zwar insgesamt zu. Für die Radfahrer gilt das aber nicht. Indes die Zahl der Unfalltoten mit insgesamt 377 Innerorts sinkt, steigt sie bei Radfahrern an. Unfallforscher berichten, dass Radfahrer im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen besonders gefährdet sind. Rund zwei Drittel (68,9 %) sind Personenschäden.

Vision Zero in Europa

London, lange Zeit unter Radfahrern als besonders gefährlich angesehen, senkte durch bauliche Maßnahmen die Zahl der Verkehrsunfälle mit Radlern drastisch. Kürzlich verkündeten verantwortliche Politiker, dass LKWs ab 2020 nur noch mit tief nach unten gezogenen Scheiben in die Stadt einfahren dürfen. Obwohl es in Deutschland eine ähnliche Diskussion gibt, sind bisher nur vereinzelte Verbesserungen sichtbar. Die Radwege sind in marodem Zustand und eine bauliche Veränderung im Bereich von Kreuzungen ist selten. Dementsprechend steigt die Zahl der Opfer unter Radfahrern.

Schweden – Weitere Verbesserungen

Seitdem Schweden im Jahr 1997 Vision-Zero als Grundlage der Verkehrspolitik beschlossen hat, arbeitet sich das Land in die Spitzengruppe der Länder mit den wenigsten Verkehrstoten vor. Bei meinen Touren durch Schweden ist mir immer wieder aufgefallen wie sinnvoll und klug die Radwege neben und abseits der Autostraßen geführt werden. Auch andere Länder, beispielsweise England und Holland, die Vision-Zero zur Grundlage ihrer Verkehrspolitik gemacht haben, konnten die Verkehrssicherheit gerade für Radfahrer signifikant erhöhen. Schweden baut statt Kreuzungen vermehrt Kreisel. Zwar kommt es im Kreisverkehr zu mehr Unfällen, aufgrund der Streckenführung ist die Geschwindigkeit aber geringer. Dadurch geschehen viel weniger Unfälle mit Personenschäden. Anstatt Radwege an großen Kreuzungen und Hauptstraßen abrupt enden zu lassen, wie in vielen deutschen Städten üblich, werden in Schweden zusätzliche Brücken, Auffahrten und alternative Radwege gebaut. Außerdem gibt es zahlreiche Tempolimits von 30 km/h Innerorts und auch die regelmäßige Wartung der Radwege erhöht die Verkehrssicherheit drastisch.

Ausblicke

Volvo als Vorreiter Volvo hat sich zudem entschlossen ab 2020 nur noch technologisch fortgeschrittene Autos zu verkaufen. Kein Mensch soll mehr mit einem neuen Volvo verletzt oder gar getötet werden. Mit der Entwicklung eines Fußgänger Airbags, von Radarüberwachung und anderen Maßnahmen zur automatisierten Überwachung der Verkehrssituation ist Volvo diesem Ziel schon nahe gekommen. Der Mensch macht Fehler. Diese Erkenntnis muss das Grundprinzip jeder Verkehrspolitik werden. Zudem gehört zu einer auf Verkehrssicherheit verpflichteten Politik, die Bevölkerung immer wieder über die Gefahren im Straßenverkehr aufzuklären und über die neuesten Erkenntnisse der Verkehrs-Forschung zu berichten. Kein Tag ohne Hinweis auf die Helmpflicht und die Bedeutung einer funktionierenden Beleuchtung. Geht es aber um bauliche Verbesserungen oder gar um die Einführung von partiellen Tempolimits lässt der Erklärungswille der Politik aus opportunen Gründen drastisch nach.

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